Die 70er Jahre – Ein Lebensgefühl in orange Themenblock 1: Wohnen
Der Einrichtungsstil der 70er Jahre lässt sich nicht auf „Lavalampe, Pril-Blume und Panton-Stuhl“ reduzieren, und doch waren diese Dinge für das Jahrzehnt charakteristisch.
Wohnzimmer
Die heutigen Designklassiker der „Panton-Ära“ fanden sich vorwiegend in den Häusern der Wohlhabenden. Doch obwohl die Einrichtung der normalen bundesdeutschen Wohnung eher konventionell blieb, waren auch dort entsprechende Trends zu finden: flauschige, bunte Teppiche, hohe Schrankwände, Sitzlandschaften, Drehstühle und -sessel auf Kreuzgestellen, großgemusterte, teilweise schrill farbige Tapeten und Vorhänge, das alles gerne in orange, braun, grün, Kunststoff und Kunststoff-„Holz“.
Badezimmer
Nach dem Willen der Designer sollte das Bad ein Ort der Entspannung werden, für viele blieb das jedoch ein Traum, gut ein Drittel aller Wohnungen, meist in Altbauten, war noch immer ohne Badezimmer.
Die neuen Bäder waren in blauen, beige-braunen, meist aber grünen oder (natürlich!) orangen Farbtönen gehalten. Auch Toiletten, Waschbecken, Wannen und Duschkabinen gab es nun in verschiedenen Farben und passend dazu Unterschränke, Ablagen, Seifenschalen, Zahnputzbecherhalter, Abfalleimer, Toilettenpapier- und Klobürstenhalter … und den Allibert-Schrank.
Küche
Gerade in der Küche dominierte die Farbe Orange. Ob Tapete oder Kacheln, Vorhänge, Tischdecke, Geschirr, Kochtöpfe, Küchentechnik – alles orange … und vorzugsweise mit Blümchen. Und wenn nicht orange, dann moosgrün oder kobaltblau, aber wenigstens mit Blümchen. Wenn etwas keine Blümchen hatte, gab es ja die Pril-Blumen.
Ob Kaffeemaschine, elektrische Kaffeemühle, Brotschneidemaschine, Handrührgerät, Mixer, Eierkocher, elektrische Küchenhelfer waren in (alles vorzugsweise in orange). Dann gab es so unglaublich nützliche Dinge wie die Bratenschneidezange, das Stövchen zum Warmhalten von Speisen (kennen wir heute nur noch aus dem China-Restaurant), die Grätenschale und das Schneckenbesteck (wurden in den 70ern wirklich so viele Schnecken gegessen?!). Alltagsgeschirr war zumeist orange oder weiß mit (genau!) orange und braun.
Essen & Trinken
Zum einen hieß es: „Weg von der schweren deutschen Hausmannskost“, andererseits kamen immer mehr Fertiggerichte auf den Markt, Hamburger-Ketten und Schnellrestaurants öffneten.
Zahlreiche Lebensmittel-Skandale verunsicherten die Bevölkerung: Antibiotika, Hormone und Salmonellen im Fleisch, giftige HCH-Rückstände, das Schwermetall Thallium und Rattengift in der Milch, hoher Schwefelgehalt in Wein und Sekt.
Zu jeder Party gehörten Eiswürfelkühler, Eiertablett (für die gefüllten Eier), verschiedene Servierplatten, Erdnuss-Spender und Käsespieße-Pilz (mit Käsewürfeln und Trauben oder Oliven auf kleinen Spießen). Dazu gab es u.a. Fondue, überbackene Suppen, Ragout fin, Spargelstangen in einer Scheibe Kochschinken, Mettigel (rohes Hackfleisch, in das Brezelstangen gesteckt werden), Fliegenpilzeier und Nudel- oder Reissalat. Sieht man sich das Angebot an Bowle-Sets an, muss es auch das Jahrzehnt der lustigen Spirituosen (Kullerpfirsich!) gewesen sein.
Zum Themenblock Wohnen werden in der ersten der vier Vitrinen der Sonderausstellung viele typische Alltags- und Ziergegenstände aus einem Haushalt der 70er Jahre gezeigt. Leihgeber, nicht nur aus Büdingen, haben uns dafür ihre Schätze aus dem Wohnzimmerschrank oder vom Dachboden geholt. Wir sagen Danke für das rege Interesse im Vorfeld der Ausstellung.