Unter dem Motto „Kurioses aus dem Magazin“ wurden Exponate vorgestellt, die bislang im Verborgenen lagen. Im Zuge der fortschreitenden Inventarisierung des Heuson-Museums kommen im reichhaltigen Fundus immer wieder Objekte zu Tage, die besondere Aufmerksamkeit erregen und mannigfaltige Überlegungen in Gang setzen. Es sind Gegenstände mit außergewöhnlichem Design, Objekte, die den Zeitgeist einer bestimmten Epoche widerspiegeln oder auch Dinge, die originell und einzigartig erscheinen.

Zwei Beispiele der Kuriositäten: Ein Cachepot (Blumenübertopf), von ca. 1890, mit einer farbenfrohen plastischen Darstellung eines Würstchen kochenden Mäusepaars. Bei diesem Übertopf aus der Wächtersbacher Steingutfabrik steht die humoristische Originalität über dem Nutzen. Ein zweites Beispiel ist ein Lavabo (Handwaschgefäß) aus dem 16. Jahrhundert, das man an die Wand gehängt hat. Der Ausguss aus Metall fehlt. Das Gefäß ist in Form eines Hauses gestaltet und hat nicht nur einen praktischen Gebrauchswert, sondern schmückte zugleich auch die Bürgerstube, in der es sich befand. Die Ausstellungsstücke aus unterschiedlichsten Bereichen zeigen einen Querschnitt von Alltags- und Luxusgegenständen der letzten 500 Jahre, die mal zum Nachdenken, mal zum Schmunzeln anregen. In diesem Zusammenhang sagt der Büdinger Geschichtsverein den zahlreichen Mitgliedern der Inventarisierungsgruppe herzlichen Dank, da ihre ehrenamtliche Arbeit diese Ausstellung erst ermöglicht hat.

 

Rätsel um Tablett im Heuson-Museum gelöst

Kurz nach der Eröffnung der Sonderausstellung „Raritäten aus dem Büdinger Heuson-Museum“ bemerkte eine Besucherin über ein Tablett aus glasiertem Steinzeug: „Der Landsknecht hat das Gesicht von Bismarck“ (Der KA berichtete am 12.06.2013). Unklar war, wie diese These belegt werden könnte. Nach eingehender Betrachtung bestätigte Dr. Peter Decker die Vermutung der aufmerksamen Besucherin: „Das Rätsel um das Tablett aus glasiertem Steinzeug lässt sich lösen. Die Besucherin hatte recht: "Der Landsknecht hat das Gesicht von Bismarck". Im Folgenden führt Decker aus: Es ist unverkennbar Reichskanzler Fürst Otto von Bismarck, allerdings nicht als Landsknecht sondern als (Wappen-)Herold mit Standarte dargestellt. Es heißt auch nicht "Trinidad", sondern "In Trinitate Pax", soviel wie: In der Dreiheit ist Friede. Angespielt ist auf das zwischen dem Deutschen Reich und Österreich 1879 geschlossene Bündnis, das durch den Beitritt des Königreichs Italien 1882 zum "Dreibund" wurde.

Demzufolge finden sich auch, so führt Peter Decker weiter aus, die offiziellen Wappen der drei Staaten (mit den höchsten Orden), das weiße Kreuz in Rot steht für das italienische Königreich. Die Embleme finden sich auch in der Standarte. Das Jahr 1888, das "Dreikaiserjahr", führte Bismarck auf dem Höhepunkt seines politischen Prestiges. Im Frühjahr hielt er im Reichstag eine umjubelte Rede, die in den markigen Worten gipfelte: "Wie Deutschen fürchten Gott und sonst nichts in der Welt".

Bismarcks Einstellung drückt unverhohlen den deutschen Großmachtanspruch aus, der letztendlich seinen Teil zum ersten Weltkrieg beitrug. Unabhängig von der wilhelminischen Pose der Darstellung kommt die europäische Bedeutung des Deutschen Reiches klar zur Geltung. Der Dreikaiserbund war Teil von Bismarcks Neuaufbau seines Bündnissystems nach dem Berliner Kongress von 1878. Dieser Neuaufbau war nötig geworden, als Russland das Dreikaiserabkommen aufkündigte.

Nach Einschätzung Peter Deckers hat das Tablett durchaus seinen Wert. So machte Kaiser Wilhelm II., als er frisch in Amt und kaiserliche Würden gekommen war, ein solches Exemplar dem Bismarck-Museum Schönhausen zu Weihnachten 1888 zum Geschenk.