Altstadt 7/9, Haus Wagner

Peter Nieß 1943/44:
Die Bauzeit kann man in den Anfang des 16. Jahrhunderts festlegen.
Das schmalbrüstige Haus ist nur 5,90 Meter breit. Das hohe Alter wird im Dachstock deutlich. Das Holzwerk macht einen sehr zusammengelesenen Eindruck. Die Holzbalken haben sehr unterschiedliche Maße, viele Stellen zeigen Waldkanten oder sind ganz und gar noch rund. Das ganze Gebälk ist von einer starken Rußschicht überzogen, ein Zeichen, dass man den Bau mehrmals mittels rußenden Rauchfeuers gegen Holzschädlinge abweisend zu machen versuchte. Gefache und Fitzgerten erscheinen selbstgemacht, nicht von Fachleuten hergestellt, was auch der gesamte Eindruck des Balkenwerkes bestätigt. Ein „selbstgemachtes Haus“!
Im Dachstuhl sind der stehende Stuhl, die Kopfbänder und ebenso die Längshölzer verplattet. Die Bundpfosten gehen durch bis zur Spitze des Daches. Das Holz ist sehr dünn. Die Abstände der Balken und Sparren von Mitte bis Mitte betragen 1,10 Meter, also sehr weit (Holzmangel!).
Das Haus ist in der Mitte durchhängig, offenbar durch schlechte Fundamente, eventuell steht das Haus auf einem Schlammuntergrund.
Die Zimmerzeichen stehen an der Grenze der lateinischen Zahlen, wobei die VI als N gezeichnet wird. Die Dachneigung beträgt 60 Grad. Der Sparrenfuß ist verblattet und im Winkel von 60 Grad gedübelt. Ein Gesims fehlt.
Das Obergeschoss besteht aus zwei Räumen und einer großen Stube, die mit einer Bretterwand von einer kleinen Schlafstube abgetrennt ist. Die Schlafstube liegt nach der Straße zu. Hinter der großen Stube sind ein Küchenraum und die Treppe zum Speicher, sowie der Auslauf der Treppe aus dem Erdgeschoss.
Alle Holzfachwände sind sehr dünn, vollkommen verputzt, ohne jeglichen Zierrat. Ein sparsamer Zweckbau. Der Boden ist durch eine teilweise durchbrochene, nicht ganz zur Decke reichende Bundwand aus Holz in zwei Teile geteilt, wobei schön verzierte Türumrahmungen auffallen.
Im Erdgeschoss befindet sich ein feudales Sandsteingewände für die Tür, dahinter ein großer Raum, wohl ehemals eine zum Hof zu erschlossene Werkstatt oder Vorratsräume, vielleicht noch ganz und gar offen. Links neben dem Flur im Erdgeschoss war ein Wohn- und Kochraum, Werkstatt oder Austragswohnung. Alle Wände sind verputzt, das Holz ist nicht erkennbar. Es ist unklar, ob ein Fachwerk oder eine Massivwand vorhanden ist.

Quelle: Dr. Walter Nieß: Die Büdinger Altstadt, Büdinger Häuserbuch III. Band, Geschichtswerkstatt Büdingen 2009.

 

 

Haus Wagner, Straßenansicht und Schnitt